Alpinarium Galtür | Galtür, Österreich
Am 20. März 2025 um 19 Uhr 00
zum UNTag des Schutzes der Gletscher
Wissenschafterinnen und Betroffene diskutieren
Die Vereinten Nationen haben 2025 zum Jahr des Erhalts der Gletscher (https://www.un-glaciers.org/en) ausgerufen, und ab heuer findet am 21. März der Welttag der Gletscher statt. Ziel der Vereinten Nationen ist es, die Bedeutung von Gletschern hervorzuheben. Es soll sichergestellt werden, dass die Menschen, die vom Gletscherschwund betroffenen sind, die notwendigen hydrologischen, meteorologischen und klimatologischen Dienste erhalten. Die UN betonen, wie wichtig Gebirgsregionen als eine zentrale Quelle für globales Süßwasser und Ökosystemdienstleistungen sind.
Die Gletscher Österreichs zählen zu den Spitzenreitern des weltweiten Gletscherrückgangs. Neueste Modellierungen lassen erwarten, dass wir in den Tiroler Zentralalpen bis 2030 bis zu ein Drittel der Gletscher verlieren werden. Was kann das für diejenigen, die nahe am Eis oder an Gletscherflüssen leben, bedeuten?
Dazu finden am 20. März, 19:00, dem Vorabend des Weltgletschertages, Impulsvorträge mit anschliessender Podiumsdiskussion in Galtür/Tirol statt. Die Gemeinde Galtür ist eine der höchstgelegenen Gemeinden Österreichs. Im Gemeindegebiet befinden sich (noch) zahlreiche Gletscher), deren Wasser unter anderem für die Stromproduktion genutzt wird. Der Veranstaltungsort, das Alpinarium Galtür, ein Ausstellungs- und Dokumentations- zentrum zum Leben im hochalpinen Raum beschäftigt sich laufend mit Partnern aus Forschung- und Wissenschaft zu solchen relevanten Themen.
Am Podium sitzen drei Wissenschafterinnen,und ein Betroffener des Gletscherrückgangs und diskutieren mit dem Publikum:
Andrea Fischer präsentiert die Ergebnisse der Langzeitforschungen im Bereich des Jamtalferners (Gemeinde Galtür). Dieser Gletscher zerfällt sehr rasch, und ist Teil verschiedener internationaler Forschungsnetzwerke zur Erfassung der Folgen des Klimawandels, etwa Referenzgletscher des World Glacier Monitoring Services (www.WGMS.ch), des Programms Global Cryosphere Watch der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) und des ökologischen Langzeitforschungsprogramms LTER.
„Die Forschungen am Jamtalferner zeigen, wie rasch die Gletscher derzeit auf den Klimawandel reagieren. Die jährlichen Dickenverluste des Jamtalferners sind vom im Mittel einem Meter auf etwa 3 m pro Jahr gestiegen. Damit verliert der Gletscher pro Jahr bis zu 5% seiner Fläche. Momentan gibt es mehr Schmelzwasser und Sedimenttransport, aber in wenigen Jahren wird nur mehr wenig Schmelzwasser im Gletscherbach fließen. Die Vegetation erobert das eisfreie Gebiet rasch zurück. „
Birgit Sattler präsentiert ihre Forschungen zum Leben im Eis, die sie sowohl am Jamtalferner als auch in der Arktis und der Antarktis durchgeführt hat. Gletscher werden dabei nicht nur als gefrorene Landschaften betrachtet, sondern als eigenständige Lebensräume – eine Erkenntnis, die im Kontext der Gletscherschmelze besonders brisant ist, da ihr Rückgang mit einem Verlust an Biodiversität einhergeht. Zudem beleuchtet sie die Parallelen zwischen alpinen und polaren Gletschern und untersucht die Auswirkungen anthropogener Stressoren wie Radioaktivität, Mikroplastik und Pestizide auf diese sensiblen Ökosysteme.
„Ein Gletscher ist weit mehr als eine leblose Eismasse – er ist ein hochsensibler Lebensraum für spezialisierte Organismen, die perfekt an extreme Bedingungen angepasst sind, allen voran Mikroorganismen. Diese Mikroben, oft dunkel pigmentiert als Schutz vor UV-Strahlung, tragen nicht nur zur Gletscherschmelze bei, sondern sind auch von großem biotechnologischem Wert, insbesondere aufgrund ihrer medizinisch wirksamen Komponenten.“
Lilian Schuster präsentiert das Projekt Pfiati Gletscher – Goodbye Glaciers (https://goodbye-glaciers.info/de/), das mit Wegweisern einzelne Alpengletscher und das Jahr anzeigt, in dem diese unter den aktuellen Klimaschutzmaßnahmen fast verschwunden sein werden. QR-Codes verlinken auf eine begleitende Webseite mit 3D-Animationen, zusätzlichen Fotos sowie Visualisierungen zu den jeweiligen Gletschern und Entwicklungsszenarien für alle Gletscherregionen der Welt bis zum Ende des Jahrhunderts. Da Gletscher viel Zeit brauchen, um sich auf geänderte klimatische Bedingungen anzupassen, macht sie mit globalen Gletscherprojektionen über das Jahr 2100 hinaus (https://iccinet.org/statecryo24/) die langfristigen Folgen des Klimawandels für Gletscher noch deutlicher sichtbar und zeigt: Jede zusätzliche Erwärmung um ein Zehntelgrad beschleunigt und verstärkt den weltweiten Gletscherschwund.
„Gletscher sind eindrucksvolle Indikatoren des Klimawandels, und ihr beschleunigter Schwund führt zu verringerter Wasserverfügbarkeit in Trocken- und Dürrezeiten und trägt auch zum Meeresspiegelanstieg bei. Während wir fast allen Gletschern in Mitteleuropa Lebewohl sagen müssen, können ehrgeizige Reduktionen von Treibhausgasemissionen noch immer viel Gletscher weltweit bewahren. So ist eine Botschaft besonders klar: Für Gletscher zählt in der Zukunft jedes Zehntelgrad an vermiedener Erwärmung und Klimaschutz ist der einzige effektive Gletscherschutz. “
Matthias Dengg berichtet über seine Arbeit und Tätigkeit am Hintertuxer Gletscher und das Leben im Tuxertal. Er erzählt vom wirtschaftlichen Aufschwung der Gemeinde Tux als Bergbaugemeinde und den Übergang zur heutigen erfolgreichen Wintersportregion mit ca. 2000 Einwohnern und ca. 5000 Gästebetten, die den Bewohnern Wohlstand und Einkommen sichert. Die Alpentäler waren meist strukturschwache Regionen, welche in ihrer jahrhundertelangen Geschichte hauptsächlich von Not, Elend, Lawinen und Hochwasser geprägt waren. Erst im letzten Jahrhundert beginnt sich, mit dem Aufkommen des Tourismus, so etwas wie Wohlstand breit zu machen und der Bevölkerung eine langfristige Existenzgrundlage zu sichern.
Er gibt einen Einblick ins tägliche Geschäft eines heutigen Seilbahnbetriebes am Gletscher, welches aufgrund der komplexen und teils anspruchsvollen Betriebsbedingungen gut strukturiert sein muss. Der Klimawandel führt zu veränderten Witterungsbedingungen - weltweit und besonders im alpinen Raum. Die Skigebiete verfolgen diese Entwicklung seit Jahrzehnten und haben früh darauf reagiert, in dem sie unter anderem technische Beschneiungsanlagen installiert haben. Alle Talschaften überlegen laufend, wie sie ihr Angebot optimal an die Kundenwünsche und die klimatischen Rahmenbedingungen anpassen können. Neben der Kostenfrage sind die Themen Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Regionalität aktuell und künftig wohl die größte Herausforderung.
Gebhard Walter, leitet seit 2017 die Wildbach- und Lawinenverbauung in der Sektion Tirol. Als gebürtiger Galtürer ist er mit dem Leben im alpinen Raum und dem Umgang mit Naturgefahren seit Kindheit an vertraut. Auch die Veränderungen durch den Klimawandel und im Besonderen im Gletscherbereich sind für die WLV in ihrer täglichen Arbeit zu spüren. Die rasche Veränderung des Naturraum und die Anpassung der Schutzsysteme an die geänderten Bedingungen sind die großen Herausforderungen zum Erhalt des hohen Schutzniveaus in Österreich und insbesondere in Tirol.
Der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung ist eine nachgeordnete Dienststelle des Ministeriums für Landwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft und leistet einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Bevölkerung und Infrastruktur vor Naturgefahren. Der Forsttechnische Dienst wurde bereits im Jahre 1884 gegründet und umfasst heute sieben Sektionen, 21 Gebietsbauleitungen sowie drei Fachzentren, welche überregional in den Bundesländern im Einsatz sind. Das Fachzentrum Geologie und Lawinen ist in der Sektion Tirol angesiedelt. Die Dienststellen der Wildbach- und Lawinenverbauung übernehmen dabei die Aufgaben der Analyse und Bewertung von Naturgefahren sowie der Planung und Durchführung von technischen und forst-biologischen Schutzmaßnahmen und sorgen gemeinsam mit den Interessenten für deren nachhaltige Wirkung.
Die Sektion Tirol mit ihrem Hauptsitz in der Wilhelm-Greil-Straße 9 in Innsbruck umfasst fünf regionale Gebietsbauleitungen mit Sitz in Lechaschau, Imst, Innsbruck, Wörgl und Lienz.
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